16. Juli 1965: Völlige Dunkelheit! Riesige schwarze Wolken verdecken den Himmel und lassen kein Tageslicht durchdringen. Seit 5 Uhr morgens ist ein unheimliches Donnergrollen zu hören. Dann brechen plötzlich alle Schleusen: Sinnflutartige Wassermassen stürzen vom Himmel herunter und überfluten das Land. Innerhalb von wenigen Stunden fällt soviel Regen wie im restlichen Sommer zusammen. Soviel Wasser, wie in eine Badewanne passt, fällt auf jeden Quadratmeter herab. Den ganzen Tag werden die Regenfälle nicht eine Minute aussetzen.
Am Gierstor steht das Wasser einen Meter hoch!
Es ist mittlerweile 14:30 Uhr: Es ist pechschwarze Nacht draußen, nur ein paar Blitze und die Straßenbeleuchtung erhellen die Dunkelheit etwas. Dieser Tag wird als „schwarzer Freitag“ in die Geschichte eingehen. Im Kreis Paderborn wird der Katastrophenalarm ausgelöst. Die Wassermassen haben Paderborner Ortsteile sowie umliegende Ortschaften stark überschwemmt, am Gierstor steht das Wasser einen Meter hoch.
In Paderborn wird ein Krisenstab gebildet: Sieben Menschen haben in Etteln und Schloß Neuhaus aufgrund der Wassermassen ihr Leben verloren. Bauern versuchen verzweifelt ihr Vieh zu retten, zahlreiche Kellerräume sind komplett überflutet, Einsatzkräfte und Bewohner helfen, wo sie nur können. Auch die Lippe ist mittlerweile so weit überflutet, dass tausende Hektar unter Wasser stehen. Der Marktplatz des Paderborner Nachbarorts Lippstadt steht 50 Zentimeter unter Wasser, die B 55 sogar 70 bis 80 Zentimeter.
Etteln läuft voll „wie eine Wanne“
Das nur 25 Auto-Minuten von Paderborn entfernte Dorf Etteln trifft es besonders hart: Zeitzeugen berichten, wie der Borchener Ortsteil in kürzester Zeit „wie eine Wanne“ vollläuft. Menschen müssen sich auf Bäume und Dächer retten, damit sie nicht von der rasant anschwellenden Altenau mitgerissen werden. Es dauert bis zu 17 Stunden bis sie gerettet werden können. Etwa 200 Menschen sind von der Flut eingeschlossen.
Es dauert Tage, bis sich das Wasser wieder zurückzieht und der Pegel der Flüsse sinkt. Zurück bleiben die Auswirkungen der Katastrophe: Verwüstete Häuser, zerstörte Brücken, unpassierbare Straßen. Zahlreiche Bewohner haben ihr Heim und ihren Besitz verloren. Erste Schätzungen rechnen mit Schäden von über 200 Millionen Mark.
Ausbau des Hochwasserschutzes nach 1965
Noch heute erinnern vielerorts Markierungen an die Heinrichsflut von 1965 und die extremen Pegelstände der Flüsse. Damit eine derartige Katastrophe nie wieder geschehen soll, wurde der Hochwasserschutz vor Ort seitdem stark verbessert: Seit Ende der 1960er-Jahre wurde viel Geld in Rückhaltebecken, Gewässerausbau und Warnsysteme investiert. Anders als vor fünfzig Jahren ist Paderborn heute auf einen derartigen Katastrophenfall vorbereitet.
Der kürzlich erschienene Bildband „Land unter!“ erinnert an die Heinrichsflut vor 50 Jahren. Über 180 Fotografien dokumentieren das Hochwasser im Kreis Paderborn. Erhältlich ist der Bildband, der vom Stadtarchiv Paderborn und dem Amt für Öffentlichkeitsarbeit und Stadtmarketing herausgegeben wird, ab sofort für 4,90 Euro in der Tourist Information am Marienplatz sowie im örtlichen Buchhandel.